„Ihr habt da was falsch verstanden“, möchte man den Leuten zurufen. Ihr habt Maskenpflicht verordnet bekommen, aber doch nicht vor den Augen.

„Wir haben, selbst dann, wenn die Zeiten am dunkelsten sind, das Recht, etwas Erhellung zu erwarten.“  Hannah Arendt

Was läuft wirklich schief in diesem Land, wenn man so einen Satz nicht mehr am Ende eines Pressetextes schreiben kann. Ein Pressetext, der von den Bemühungen einiger Ladenbesitzer berichtet, die sich zusammentun, um ihren Kunden gemeinsam ein schönes Einkaufserlebnis in der Adventszeit zu bieten. Dunkler könnten die Zeiten für den Einzelhandel kaum sein, als in dieser Vorweihnachtszeit. Nur auf die Solidarität der Kunden setzen und hoffen, dass das Weihnachtsgeschäft nicht gänzlich an den kleinen Geschäften in der Innenstadt vorbeirauscht? Welche Chance haben die kleinen Geschäfte, Herz und Seele der Innenstädte, wenn sie nicht selbst aktiv werden und um Kunden werben? Auf die Politik können sie sich nicht verlassen, in deren Hirne ist noch nicht einmal die Notwendigkeit angekommen, die GAFAs, die Krisengewinnler mit den übermächtigen Internet-Plattformen, angemessen zu besteuern.

Ja, es geht um etwas Erhellung, um die Freude und die Lust am persönlichen Einkaufserlebnis, um das nette Wort, die freundliche Geste, das Zwischenmenschliche. Das gibt es nun mal nur im Laden vor der Haustüre und zwar trotz des Fummels, der dabei im Gesicht getragen werden muss.

Wenn wir in diesen dunklen Zeiten nicht von unserem Recht auf Erhellung Gebrauch machen, wird es uns genommen. Für den einen ist Erhellung die freie Meinung, für den anderen der ganz private, heimelige Weihnachtseinkauf mit Abstand und Maske. Worum es jedem einzelnen in Sachen Demokratie und Freiheit auch geht, es lohnt sich mutig zu sein. Es lohnt sich immer zu kämpfen, auch wenn es sich wie David gegen Goliath anfühlt.

 „Um Gottes Willen, ein Zitat von Hannah Arendt am Ende eines Artikels“ – es könnte sich jemand erzürnen, hochpolitisch, Wasser auf die Mühlen der Querdenker-Bewegung. „Wir haben, selbst dann, wenn die Zeiten am dunkelsten sind, das Recht, etwas Erhellung zu erwarten.“ Dieses Zitat, aus dem Unterbewusstsein ans Ende eines Pressetextes gelangt, trifft ins Schwarze, besonders dieser Tage. Wir sind mittendrin in den dunkelsten Zeiten, wenn niemandem mehr Eigenverantwortung, selbständiges Denken und freie Meinungsäußerung zugetraut wird.

Hannah Arendt kann uns heute noch inspirieren. Als eine der großen politischen Denkerinnen des 20. Jahrhunderts hat sie Adolf Eichmann als überzeugungslosen Technokraten beschrieben, der sich als bloßes Werkzeug seiner Vorgesetzten stilisierte. Organisierte Gedanken- und Verantwortungslosigkeit muss heute nicht mehr ins banal Böse führen. Aber der Weg dahin ist schnell beschritten, wenn der unbedingte Gehorsam wieder salonfähig wird.

Haben wir wirklich das Recht, wenn die Zeiten am dunkelsten sind, etwas Erhellung zu erwarten? Ja, auch wenn es darum geht, sich in der eigenen, weihnachtlich geschmückten Stadt frei zu bewegen. Bleibt die Frage, warum man sich heute vor der möglichen Wirkung des Zitates fürchten sollte. Ist es schon wieder soweit? Der vorausschauende Gehorsam ist wieder salonfähig? Halten wir es doch lieber wie Hannah Arendt, bleiben wir uns und dem „Denken ohne Geländer“ treu. Und das nicht nur zur Vorweihnachtszeit.

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